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      PlanW 
      Ein 
        Plan ist eine mit einer Zielsetzung verknüpfte Idee.  
        Doch nicht alle Pläne gehen in Erfüllung. Zum Glück:  
       
        Lange Zeit wurde die 1939- 41 entlang der Liebermannstr. und der heutigen 
         
        Planstr. W erbaute Industrieanlage in Weissensee von der Staatsicherheit 
        als  
        Hauptabteilung des Personenschutzes genutzt.  
        Die Gebäude lagen strategisch günstig, um den täglichen 
        Arbeitsweg der Regie-  
        rungsmitglieder zu überwachen. Zahlreiche Verkleidungen vom Jogger 
        bis zum  
        Polizisten dienten der unauffälligen Beobachtung „Verdächtiger 
        Veränderungen“.  
        Das war Plan A.  
        Nach der Wende fanden Bürger- Aktivisten ein Waffenlager von  
        so enormen Ausmaß, das die Frage aufwirft, welchem Plan das Gebäude 
        eigent-  
        lich diente. Gab es einen Plan B?  
       
        Dann kam Plan W.  
        Plan W ist der von niemandem vorhersehbare, damals unvorstellbare  
        Plan dieses Gebäude für Künstler aller Nationen zu nutzen, 
        die dort  
        wiederum völlig unbewacht, Unvorhersehbares und Unvorstellbares planen. 
         
        Ein Antikontrollplan. Ein Nicht-Plan. Plan W.  
        Plan W sind Dinge, die auf eine Art unvorhersehbar sind und dennoch  
        zwingend notwendig. Wie der Fall der Mauer, wie künstlerische  
        Neuentwicklungen.  
        Hinterher sagt jeder, das musste so kommen, aber vorher wissen konnte 
        es  
        niemand. Schon gar nicht planen. 
       
         
        Momentan stehen Artefakte verschiedener Zeiten nebeneinander.  
        An einer geblümten Tapete ein Stadtplan, auf dem das ehemalige Westberlin 
         
        als weißer Fleck auf der Landkarte gekennzeichnet ist, DDR-pastellfarbene 
         
        Gänge, an denen Schilder „ Vollstreckungsstelle“ ö. 
        Ä hängen, an der Häuser-  
        wand drückt sich ein mühsam und oft überstrichenes „Deutschland 
        dem deut-  
        schen Volke“ aus der Zeit der NS- Nutzung des Gebäudes durch. 
         
        Doch nach und nach werden diese Räume nun von Künstlern bezogen, 
        die  
        ihre eigenen Spuren anbringen. Tapeten werden herunter genommen, Wände 
         
        weiß gestrichen. Freiheit zieht ein.  
        Das ist Plan W.  
       
        Das Künstlernetzwerk Plan W entstand in Folge der gemeinsamen  
        Ausstellung „Die erste Runde“, welche die Kunsthalle des  
        Atelierkomplexes einweihte. Die 6 KünstlerInnen haben für den 
        3. Berliner  
        Kunstsalon ein Raum- Konzept entwickelt, das ihre eigenen individuellen 
         
        Arbeiten in Relikte des Weißenseer Gebäudes einbettet. So wie 
        sie selbst  
        eingebettet sind in die Geschichte ihrer Umgebung.  
        Die Außenwände werden partiell mit der Original- Tapete eines 
        ehemaligen  
        Büros tapeziert, der Innenraum wird mit einem „abgelebten“ 
        PVC- Belag aus-  
        gelegt. Zudem verweisen Namensschilder ehemaliger Mitarbeiter und Hinweis- 
         
        schilder aus dem Gebäude auf die Geschichte des Hauses.  
        So ist diese Arbeit Sinnbild eines in Wandlung stehenden Berlins. An jeder 
         
        Ecke begegnet uns Geschichte. Zwei Diktaturen. Wir als Erben und/oder 
        Be-  
        wohner dieser Stadt, diese Landes, gehen mit ihr um, leben weiter, machen 
         
        unsere Arbeit, doch irgendwie hat sie uns geprägt. Wie in den Resten 
        der  
        Tapeten, die unter der Farbe hervorschimmern. Sichtbar, unsichtbar, subtil 
        aber  
        spürbar. In Ernsthaftigkeit, in Abwendung von Ernsthaftigkeit, in 
        Erspüren von  
        Schönheit. In Fragen:  
        Was ist der nächste Plan W?  
        
      Text: 
        Kerstin Wagener  
      
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